Hormone bei der Frau
Im weiblichen Zyklus und für die Fruchtbarkeit der Frau spielen die Östrogene und das Progesteron die Hauptrolle. Sie haben als Geschlechtshormone aber auch einen Einfluss auf viele andere wichtige Körperfunktionen. Östrogen und Progesteron sind trotzdem bei Weitem nicht die einzigen hormonellen Botenstoffe, welche die Gesundheit und Vitalität der Frau mitbestimmen.
Östradiol (17-Beta-Östradiol)
Neben geschlechtsspezifischen Funktionen hat das Hauptöstrogen Östradiol zentrale Aufgaben im gesamten Körper.
Die Konzentration dieses »Hauptöstrogens« schwankt bei Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter im Verlauf des Monatszyklus. Am meisten Östradiol misst man zum Zeitpunkt des Eisprungs, den niedrigsten Spiegel während der Menstruation. In den späten Wechseljahren, wenn die Eierstöcke ihre Funktion beinahe eingestellt haben, ist das Östradiol so weit abgesunken, dass es nicht mehr messbar ist.
Östradiol steuert nicht nur geschlechtsspezifische Funktionen, sondern erfüllt im ganzen Körper (systemisch) wichtige Aufgaben. Daher liegen die Blutspiegel des Mannes auch nur unwesentlich tiefer als die der Frau am Zyklusanfang. Niedrige Östradiolspiegel haben nicht nur bei Frauen, sondern auch bei Männern Folgen.
Die Elastizität unserer Gefäße ist stark östrogenabhängig. Östrogene beeinflussen die Pumpleistung unseres Herzens sowie den Zucker- und Fettstoffwechsel positiv. Die Datenlage zeigt heute, dass Frauen, die (transdermale) Hormone nehmen, seltener an Arterienverkalkung, hohen Blutfettwerten und Diabetes erkranken.
An der Haut haben die Östrogene einen »Feuchtigkeit spendenden«, verjüngenden Effekt.
Östrogene haben einen positiven Einfluss auf den zerebralen Blutfluss und auf das Wachstum von Nervenzellen. Sie verbessern die Zellverbindungen im Gehirn und schützen vor freien Radikalen. Östrogene können die Aktivität des Neurotransmitters Serotonin erhöhen und die Wirkung von Antidepressiva aus der Gruppe der Serotonin Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) oder von 5-HTP verstärken. Lesen Sie hierzu mehr unter »5-HTP – Renaissance eines natürlichen Wirkstoffes«.
Während einer Hormontherapie (Testosteron, DHEA, Pregnenolon) sollte Östradiol immer mit kontrolliert werden.
Östron
Östron ist wie das Östradiol ein Hormon der Östrogen-Gruppe. Bei Frauen im gebährfähigen Alter stammt es zur einen Hälfte aus den Eierstöcken, der Rest entsteht im Unterhautfettgewebe und zu einem kleinen Teil in den Nebennieren. In der Unterhaut wird es chemisch aus dem männlichen Hormon Androstendion umgewandelt. Bei Frauen mit PCO-Syndrom und/oder Übergewicht finden sich relativ hohe und »starre« Östronkonzentrationen im Blut. Diese stören in der Hirnanhangdrüse die Ausschüttung von LH und FSH, was das ganze Steuerungssystem durcheinanderbringen kann.
Nach den Wechseljahren ist die Östronproduktion in den Eierstöcken sehr gering. Dennoch spielt das Hormon gerade bei Frauen in und nach den Wechseljahren eine große Rolle. Bei Blutungsstörungen oder Brustschmerzen zeigt sich Östron oft erhöht. Frauen, die Hormone in Tablettenform einnehmen (orale Therapie), sollten auf jeden Fall ihren Östronspiegel messen lassen, denn die künstlichen Östrogene der Tabletten werden von der Leber zum Teil in Östron umgewandelt und können zu unnatürlich hohen Östronwerten führen. Werden für die Therapie natürliche Östrogene (Gels und Pflaster) eingesetzt, lässt sich dies vermeiden.
Da Östron und Östradiol im Körper ständig ineinander umgewandelt werden, kann sich ein hoher Östronspiegel wie eine Östrogen-Überdosierung auswirken (z. B. mit Brustspannen oder Wassereinlagerungen) oder Symptome einer Östrogen-Unterdosierung auslösen, indem Wechseljahresbeschwerden auftreten (Escape-Phänomen).
Besonders hohe Östronwerte weisen Menschen auf, bei denen eine Überaktivität des Enzyms Aromatase vorliegt. Dies kann genetisch bedingt sein (CYP19-Mutation) und wird unter Umständen durch Alkoholkonsum, Übergewicht oder eine Leberverfettung verstärkt.
17-Hydroxyprogesteron – wichtiger Marker für Hormonstörungen
Beim sogenannten androgenitalen Syndrom (late-onset AGS) spielt 17-Hydroxyprogesteron eine große Rolle. Es übernimmt die Position des Leithormons dieser Gruppe bestimmter komplexer, angeborener Erkrankungen der Nebennierenrinde (z. B. 21-Hydroxylase-Defekt).
17-Hydroxyprogesteron wird während der Reifung der Follikel in der 1. Zyklushälfte (Follikelphase) zu zwei Dritteln von den Nebennieren und zu einem Drittel von den Eierstöcken gebildet. Zur Zyklusmitte steigt das 17-Hydroxyprogesteron durch die gesteigerte Eierstockaktivität an und weist in der 2. Zyklushälfte höhere Konzentrationen auf als in der Follikelphase.
17-Hydroxyprogesteron kann entweder als Grundwert in der 1. Zyklushälfte bestimmt oder im Rahmen eines sogenannten ACTH-Stimulationstests ermittelt werden. Das ist eine einfache Untersuchung, bei der zwei Blutproben miteinander verglichen werden: Eine vor der Verabreichung von ACTH (ein körpereigener Botenstoff), eine danach. Über 90 % aller Patientinnen mit männlichem Behaarungstyp weisen einen erhöhten 17-Hydroxyprogesteron-Spiegel auf.
In der Präventionsmedizin ist 17-Hydroxyprogesteron zusammen mit Pregnenolon wichtig bei der Diagnose hormonell bedingter Schlaf- und Gedächtnisstörungen.
Progesteron (Gelbkörperhormon)
Progesteron wird auch als Gelbkörperhormon bezeichnet. Es wird hauptsächlich in den Eierstöcken gebildet und ist vor allem in der zweiten Zyklusphase bedeutsam, während der es die Gebärmutterschleimhaut auf eine mögliche Schwangerschaft vorbereitet.
Zu Beginn einer Schwangerschaft ist Progesteron für die Einnistung des Embryos zentral und sorgt dafür, dass die Schwangerschaft stabil bleibt. Ein Mangel an Progesteron in diesen frühen ersten zwölf Wochen kann zu Fehlgeburten führen.
Progesteronmangel hat aber auch außerhalb einer Schwangerschaft Auswirkungen und führt zu Blutungsstörungen, Zyklusunregelmäßigkeiten und Schmierblutungen.
Wie die Östrogene beeinflusst Progesteron nicht nur die Funktion der Geschlechtsorgane, sondern entfaltet im gesamten Körper seine Wirkung. Es fördert die Urinausscheidung und hat somit einen ausspülenden Effekt, wirkt gegen Faltenbildung und mindert Senkungsbeschwerden.
Progesteron unterstützt die Neubildung von Knochensubstanz und trägt zur psychischen Entspannung und Schlafbereitschaft bei, indem es auf die GABA-Rezeptoren im Gehirn Einfluss nimmt. Neuere Arbeiten gehen sogar davon aus, dass Progesteron in der Lage ist, geschädigte Nervenzellen zu reparieren.
Progesteron gilt mittlerweile auch als natürliches Schutzhormon vor Gebärmutter- und Brustkrebs.
Hormone während des weiblichen Zyklus
In den Eierstöcken und der Gebärmutter regulieren die weiblichen Hormone den monatlichen Zyklus der Frau. Der Zyklus gliedert sich in zwei Phasen: In der ersten Hälfte bestimmt das Östradiol die körperlichen Vorgänge. Es sorgt dafür, dass die Schleimhautschicht in der Gebärmutter nach der Menstruation wieder aufgebaut wird. Parallel reift im Eierstock unter der Wirkung des follikelstimulierenden Hormons FSH ein Eibläschen (Follikel) heran, das die Eizelle enthält.
Der Eisprung findet unter Einfluss des Hormons LH (luteinisierendes Hormon, Luteotropin) 12 bis 16 Tage vor der nächsten Menstruation statt: Der Follikel platzt und gibt die Eizelle frei. Diese wandert dann durch den Eileiter in Richtung Gebärmutter. Dieser Vorgang dauert etwa drei Tage. In den ersten Stunden nach dem Eisprung kann das Ei von einem Spermium befruchtet werden. Nach dem Eisprung entsteht aus dem Follikel der sogenannte Gelbkörper, der kleine Mengen an Östrogen, vor allem aber Progesteron (Gelbkörperhormon) produziert. Progesteron hält die Gebärmutterschleimhaut aufrecht und ist für das Wachstum des Embryos verantwortlich. Wird die Eizelle nicht befruchtet, zerfällt die aufgebaute Schleimhautschicht und wird bei der nächsten Menstruation abgestoßen. Der Zyklus beginnt von Neuem.
Östrogenmangel bei der Frau
Östrogene erfüllen im Körper weitreichende Aufbau- und Schutzfunktionen. Ein Östrogenmangel in den Wechseljahren macht sich bei Frauen mit dem sogenannten klimakterischen Syndrom bemerkbar, das mit Symptomen wie Hitzewallungen, Schwitzen, Nervosität, Depressivität und Schlafstörungen einhergeht.
Bei Östrogenmangel kommt es häufiger zu Blasenentzündungen, die Scheide wird trocken und Senkungsbeschwerden treten auf.
Die verminderte Gefäßelastizität führt zu Bluthochdruck und erhöht das Risiko für Arteriosklerose und Herzinfarkt. Bei entsprechender genetischer Veranlagung kommt es zu Osteoporose und in der Folge vermehrt zu Knochen- und Wirbelkörperbrüchen. Störungen der Kollagen- und Elastinbildung führen zu Falten in der Haut und zu Gelenkbeschwerden.
Auch psychische Störungen, die Stimmung und Gefühle beeinträchtigen, treten auf. Veränderungen im Schmerzempfinden, in der Feinmotorik und eine Verminderung der intellektuellen Fähigkeiten und der Gedächtnisleistung können ebenfalls Folgen eines Hormonmangels sein. Frauen mit niedrigem Östrogenspiegel erkranken häufiger an Altersdemenz (Morbus Alzheimer). Verschiedene Studien kommen zu dem Ergebnis, dass ein Ausgleich des Östrogenmangels das Risiko für eine neurodegenerative Erkrankung um bis zu 44 % reduzieren kann.
Auch abnehmende sexuelle Lust oder gar Libidoverlust gründet oft in einem Östrogenmangel; in Einzelfällen fehlt auch Testosteron, insbesondere dann, wenn die Eierstöcke operativ entfernt wurden oder durch eine Strahlentherapie geschädigt sind.
Testosteron & DHEA
Auch Frauen haben männliche Hormone im Körper, wenn auch in niedrigerer Konzentration als Männer. Das Testosteron ist auch für Frauen ein äußerst wichtiges Hormon für die Libido, für den Muskelaufbau und das Durchsetzungsvermögen, aber auch für das allgemeine Wohlbefinden.
Ausführliche Informationen über die Wirkungsweise von Testosteron finden Sie im Kapitel »Hormone beim Mann«.
DHEA (Dehydroepiandrosteron) ist im weiblichen Körper für den Muskelaufbau und die Gedächtnisleistung zuständig. Fällt das DHEA mit zunehmendem Alter ab, hat dies auch bei Frauen Auswirkungen auf das Befinden.
Androstendion
Androstendion wird zu etwa 90 % von den Eierstöcken und den Nebennieren gebildet, zum Zeitpunkt des Eisprungs nimmt der Anteil aus dem Eierstock zu. Etwa 10 % entstehen im Fettgewebe durch Umwandlung aus DHEA. Androstendionwerte über der Norm findet man bei Frauen mit vermehrter Körperbehaarung. Meist sind gleichzeitig weitere männliche Hormone erhöht. Sowohl die Eierstöcke als auch die Nebennierenrinde können Auslöser für hohe Androstendionspiegel sein. Frauen mit einem adrenogenitalen Syndrom (late-onset AGS) oder einem PCO-Syndrom weisen häufig zu viel Androstendion auf. Das Hormon kann uns auch indirekte Hinweise auf die ovarielle Reserve geben.