»Warum werden wir immer dicker?: ›Wir essen zu völlig falschen Zeiten.‹«: Der Münchner Mediziner Jörg Puchta über die Abnehmspritze

Der Hormonspezialist Jörg Puchta erklärt im Interview, wieso er die Abnehmspritze anfangs noch ablehnte, was ihn umstimmte und worauf es beim Abspecken wirklich ankommt.

Tagesspiegel: Herr Puchta, wir sitzen hier zusammen beim Interview, so, wie es üblich ist. Hätten wir unser Gespräch nicht eigentlich besser im Gehen geführt?
Jörg Puchta: Das wäre vielleicht besser gewesen. Uns sollte immer bewusst sein: Sitzen ist das neue Rauchen. Unser überwiegend sitzender Lebensstil mit mangelhafter Bewegung führt unweigerlich zu einem massiven Abbau von Muskeln, Sehnen, Gelenken, Knochen und auch unseres Gehirns. Es gibt Statistiken, die zeigen: Im Jahr 1900 haben die Amerikaner tatsächlich mehr Kalorien zu sich genommen als im Jahr 2000, aber es gab trotzdem kaum Dicke. Der Hauptgrund - neben hoch verarbeiteten industriellen Nahrungsmitteln - ist in der Tat unser Bewegungsmangel: Wir bewegen uns so wenig wie nie zuvor, denn wir haben überall kleine Alltagshelferlein, die uns alles abnehmen. Wir benutzen Aufzüge statt Treppen, fahren Auto statt zu laufen, die Wäsche wird von Maschinen gewaschen. Früher waren die Leute einfach schlank, weil sie ihre Muskeln betätigt haben.

Tagesspiegel: Sie meinen, unsere Körper sind eigentlich für eine andere Lebensweise programmiert?
Jörg Puchta: Absolut! Wir sind als stolze Marathon-Läufer geboren. Das ist fest in unserer DNA verankert. Unser Körper braucht viel mehr Bewegung, als wir glauben. Hinzu kommt ein katastrophales Ernährungsmilieu. Der an 24 Stunden geöffnete Supermarkt mit Lebensmitteln, die uns nicht nur süchtig machen, sondern zusätzlich von einer solchen Kaloriendichte sind, dass wir auseinandergehen wie die Pfannkuchen.

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